Die Kopenhagen-Trilogie von Tove Ditlevsen

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Ich habe in letzter Zeit drei Bücher gelesen, die mich extrem eingenommen haben. Da diese drei Bücher jedoch gefühlt überall waren und auch fast jeder zweite Beitrag auf Instagram dieser Trilogie gewidmet war, fühlte es sich komisch an, mich einzureihen. Schließlich wurde doch schon alles gesagt. Und ich hatte zu viele Rezensionen anderer gelesen, um sicher zu sein, dass meine Gedanken zu den Büchern wirklich aus mir heraus kämen. Doch Tove Ditlevsen auf meinem Blog unerwähnt zu lassen, fühlt sich falsch an. Schließlich war sie im Februar ein großer Bestandteil meines Alltags, hat mich inspiriert, zum Nachdenken gebracht, unterhalten und mich verdammt gute Literatur erleben lassen. Hier kommt also meine kurze Meinung zu der Kopenhagen-Trilogie, die aus den Büchern Kindheit, Jugend und Abhängigkeit besteht.

Kindheit

In dem schmalsten der drei Bände erzählt Tove Ditlevsen von ihrer Kindheit im Kopenhagen der 1920er Jahre. Sie entdeckte schnell die Leidenschaft für Poesie und das Schreiben für sich, hatte jedoch lange niemandem in ihrem Umfeld, der damit etwas anfangen konnte. So fühlte sich Tove sehr allein und missverstanden. Dieses Buch zu lesen war ein Genuss. Sprachlich ist es so poetisch, zart, melancholisch und klug, dass ich mich bemühte, extra langsam zu lesen, um jedem Satz genug Raum zu geben. Jedes Wort hatte in diesem Buch seine Notwendigkeit. Es war leicht, sich in Tove hineinzuversetzen, die Welt durch ihre Augen zu sehen. Der Eindruck, sie schon lange zu kennen, entstand schnell und ich konnte es nicht abwarten, so schnell wie möglich mehr von ihrem Lebensweg zu erfahren.

Jugend

Wenig später trudelte Jugend bei mir ein und auch dieses Buch verschlang ich in einem Rutsch. Dieses Buch war, noch mehr als Kindheit, geprägt von Toves Begehren nach Zugehörigkeit und einem Platz in den Kreisen der Dichter:innen, zu denen sie hinaufschaute. In der Realität sah es für sie erstmal anders aus. So wechselte sie von einem unerfüllenden, frustrierenden Knochenjob zum nächsten und stellte fest, dass sie für alle ungeeignet war und sich mit einem gewöhnlichen Leben nicht zufrieden geben konnte. Ich fand es wahnsinnig spannend, Tove auf ihrem Weg zu begleiten und zu lesen, wie sie die ersten Kontakte knüpfte, die ihre Zukunft maßgeblich prägten.

Abhängigkeit

Der dritte und letzte Teil der Trilogie ist überraschend düster. Tove lebt endlich ihren vermeintlichen Traum und ist zu einer bekannten Dichterin geworden. Doch ein Ereignis, oder besser gesagt eine Reihe von Ereignissen gepaart mit schlechten Entscheidungen, stellen ihr Leben auf den Kopf. Sie gerät in eine starke Abhängigkeit – von einem Menschen, der diese ganz klar für seine Zwecke ausnutzt und von einem Schmerzmittel, das zunächst nur er ihr verabreichen kann. Sie verliert den Bezug zu Freund:innen, zu ihrem Umfeld allgemein – und zu ihrem Schreiben. Diese Abhängigkeit lässt sich nie komplett überwinden. Wer ein bisschen zu Tove Ditlevsen recherchiert, weiß, dass sie 1976 Suizid beging. Abhängigkeit in diesem Bewusstsein zu lesen war eine bedrückende und schwerwiegende Erfahrung. Es ist ein Werk, das noch lange nachhallt, vielleicht sogar noch mehr als die Vorgänger Kindheit und Jugend.


Die Kopenhagen-Trilogie ist ein wahrer Juwel in der Literaturlandschaft und während Tove Ditlevsen in Dänemark jeder:m ein Begriff ist, dauerte die Entdeckung dieser beeindruckenden Autorin auf dem deutschen Markt bis zu diesem Jahr. Besser spät, als nie. Ursel Allenstein gelang eine meisterhafte, feinfühlige Übersetzung, die sich wahnsinnig gut liest. Meine einzige Kritik gilt dem Preis: Der Aufbau Verlag entschied sich, Kindheit, Jugend und Abhängigkeit als drei separate Hardcover für jeweils 18 Euro zu veröffentlichen, was bei der Kürze der Bücher eine ziemliche Wucht ist. Für mich hat sich diese Investition gelohnt, da ich die Bücher wirklich großartig fand. Dennoch wäre eine einzelne Ausgabe gerechtfertigter gewesen.

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