„Laufen“ von Isabel Bogdan

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„Eine Frau läuft. Schnell wird klar, dass es nicht nur um ein gesünderes oder gar leichteres Leben geht. Durch ihre Augen und ihre mäandernden Gedanken erfährt der Leser nach und nach, warum das Laufen ein existenzielles Bedürfnis für sie ist. Wie wird man mit einem Verlust fertig? Welche Rolle spielen Freunde und Familie? Welche Rolle spielt die Zeit? Und der Beruf? Schritt für Schritt erobert sich die Erzählerin die Souveränität über ihr Leben zurück.“

Ich tue mich schwer mit dem Tod. Ich lese nicht gerne darüber und wenn es doch vorkommt, weil ich glaube, in der Stimmung für ein solches Buch zu sein oder mich etwas anderes daran interessiert, hindert mich eine emotionale Schranke daran, alle Gefühle zuzulassen. So ging es mir zum Beispiel bei „Kurt“ von Sarah Kuttner, einem Buch, bei dem gefühlt jede*r Tränen vergossen hat. Doch dann fand in meiner Lieblingsbuchhandlung ein Büchertausch statt und ich entdeckte „Laufen“ von Isabel Bogdan, in dem Tod die zentrale Rolle einnimmt. Ich war hin- und hergerissen: Über das Buch hatte ich schon so viel Gutes gelesen. Letztendlich siegte die Neugier, ich nahm es mit nach Hause und da es so ein kleiner, kurzer Roman ist, nahm ich ihn mir eines Nachmittags spontan vor. Eine sehr gute Entscheidung!

Ich würde zwar immer noch sagen, dass ich die volle Wirkung dieses schwerwiegenden Themas nicht komplett zugelassen habe, doch dieses Buch ist unglaublich feinfühlig und klug geschrieben. Isabel Bogdan findet genau die richtigen Worte, um den Verlust des Lebenspartners der Protagonistin auszudrücken. Das Laufen ist eine wahnsinnig gelungene Metapher dafür, wie sich die Verarbeitung eines solchen Trauerfalls wohl anfühlt. Dabei wird einzig aus der Sicht der namenlosen Protagonistin erzählt, der Roman besteht aus ihrem inneren Monolog, doch dennoch – oder vielleicht gerade deswegen? – wurde es an keiner Stelle langweilig oder redundant, ich konnte mich beim Lesen richtig in ihre Gedankenwelt hineinversetzen und mich umso dankbarer gefühlt, nicht in ihrer Situation zu sein. Wir sollten wirklich nichts für selbstverständlich nehmen, erst recht nicht all das Wundervolle und Positive, das wir erleben dürfen und die Menschen, die uns so sehr bereichern. Gleichzeitig sind die Erinnerungen der Protagonistin ein Appell, unsere Gefühle häufiger zu kommunizieren.

„Laufen“ von Isabel Bogdan ist ein trauriges, aber auch sehr lebensbejahendes Buch. Ich bin sehr glücklich, dass es doch noch seinen Weg in meine Hände gefunden hat und würde es auf jeden Fall absolut weiterempfehlen!

Isabel Bogdan: Laufen. KiWi Verlag. ISBN: 978-3-462-05349-4. 208 Seiten. 20,00€.

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